Montag, 7. November 2011

Auszug aus ''Wintermädchen''

--Ich kann nicht schlafen. Glühende Blitze zischen mir durch den Schädel, ein Kurzschluss in den Leitungen meines Kopfes. Erst ist mir kalt, dann heiß, dann kann ich meine Finger und Zehen nicht mehr spüren. Da steht jemand draußen vor meiner Tür, das spüre ich. Aber ... nein. Alle schlafen. Alle sind verzaubert, eingehüllt in einen Traum.
   Der Mond tropft durch mein Fenster.
   Ich warte.
   Spinnen schlüpfen  in meinen Bauchnabel und kriechen hinaus ins Freie, haarige kleine Teerperlen mit Ballerinafüßchen. Sie wimmeln umher und spinnen einen Seidenschleier, einhunderttausend ineinander verwobene Spinnengedanken, bis sie mich in ein weiches, kuscheliges Leichentuch gewickelt haben.
   Ich atme ein. Das Netz presst sich an meine geöffneten Lippen. Es schmeckt nach Staub, wie alte Vorhänge.
   Ein Hauch von Ingwer, Gewürznelken und karamellisiertem Zucker weht über mein Bett, der Duft ihres Duschgels, Shampoos und Parfums. Sie kommt. Jeden Moment ist es so weit.
   Ich atme aus, und dann geht es los.
   Dornige Ranken kommen über den Boden gekrochen, knisternd wie Feuer. Schwarze Rosen erblühen im Mondlicht, tot geboren und zerbrechlich. Das Netz über meinem Gesicht hält meine Augen offen und zwingt mich hinauszusehen, als Cassie aus den Schatten hervortritt, Dornenranken winden sich um ihre Beine und ihren Körper hinauf, durchziehen ihr Haar. Gerade steht sie noch an der Tür, im nächsten Moment blickt sie bereits auf mich herunter. Die Temperatur im Zimmer ist um zwanzig Grad gesunken. Ihre Stimme ist in meinem Kopf.
   ''Lia'', sagt sie.
   Ich kriege keinen Ton heraus. Spinnen krabbeln mit übers Gesicht und springen auf Cassies Arme hinüber. Hin und her fliegen sie und weben uns zusammen.
   ''Komm mit'', sagt sie. ''Bitte.''
   Das Netz lässt uns erstarren, und wir blicken einander an, während der Mond über den Himmer schlittert und die Sterne einschlafen.--

-schon schön. (:
xoxo, Leo

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen